Terminologie-Management – Bitte eindeutig und verständlich

Veröffentlicht: 10.09.2020 Aktualisiert: 26.10.2022

In einer guten Technischen Dokumentation – einem Handbuch, einer Online-Hilfe, einem Wissensartikel in einer Service-Datenbank – ist eigentlich nichts dem Zufall überlassen. Wie heißt das erste Kapitel im Dokument? Welche Länge sollte ein Satz nicht überschreiten? Wie sind Tabellen für technische Daten aufgebaut? Haben Grafiken eine Beschriftung? Wie werden Handlungsanweisungen korrekt strukturiert? – Für all das gibt es in einem modernen Redaktionsprozess feste Standards.

Terminologie-Management – Bitte eindeutig und verständlich

Gleiches gilt für den Bereich der Wortwahl. Schreiben wir "Schraubendreher" oder "Schraubenzieher"? "Content-Management" mit oder ohne Bindestrich? Heißt es in unseren Handlungsanweisungen "im Kontextmenü die Option 'Ausschneiden' auswählen" oder vereinfacht "im Kontextmenü die Option 'Ausschneiden' wählen"?

Das sind typische Fragen, die auf Sie zukommen, wenn Sie sich als Technische Redaktion auf das Feld der Terminologie wagen. Im Post heute wollen wir uns kurz ansehen, was modernes Terminologie-Management ausmacht.

Ordnung schaffen und Festlegungen treffen

Aktives Terminologie-Management macht richtig Arbeit. Denn es geht darum, aus den schier unendlichen Möglichkeiten, Dinge zu benennen, eine eindeutige und verbindliche Auswahl zu treffen. Im Kern geht es dabei um folgende Herausforderungen:

Verständlichkeit sicherstellen: Ein schönes Beispiel zu diesem Punkt ist die Bezeichnung "Tab-Lasche", die ich vor vielen Jahren einmal in einer Software-Dokumentation gelesen habe. Wüssten Sie, was das ist? Mit viel Nachdenken würden Sie vielleicht darauf kommen, dass damit das gemeint ist, was man üblicherweise als "Registerkarte" bezeichnet. Aber lange nachdenken soll eigentlich niemand müssen über den Wortgebrauch in unseren Dokumenten. Deswegen ist es wichtig, die terminologische Standardisierung so zu gestalten, dass die verwendeten Begrifflichkeiten für das Zielpublikum verständlich sind.

Eindeutigkeit herstellen: Kommen wir noch einmal zurück auf das Beispiel "Schraubendreher/Schraubenzieher" von oben. Da gibt es zwei Möglichkeiten, denselben Gegenstand zu bezeichnen (es handelt sich – fachlich gesprochen – um Synonyme). Beide Bezeichnungen sind inhaltlich korrekt, aber im Sinne einer konsequenten Standardisierung darf es nur eine einzige gültige Schreibweise geben. Wenn Sie in so einem Fall für die Terminologie verantwortlich sind, müssen bzw. dürfen Sie eine Entscheidung treffen.

Wenn Sie in ein bisher un-gemanagtes Umfeld kommen, werden Sie ganz sicher auf viele solcher Kandidaten treffen. Ob Software, Maschinenbau oder Medizintechnik: In Technischen Dokumenten für komplexe Produkte wimmelt es nur von Begrifflichkeiten, die förmlich nach Standardisierung schreien: Produktnamen, Bauteile und Komponenten, Oberflächentexte, Dialogelemente, Tastenkombinationen, Abkürzungen, technische Fachbegriffe …

Für Durchgängigkeit sorgen: Terminologie-Arbeit erschöpft sich nicht in Fragen der korrekten Bezeichnung von Dingen. Wie unser Beispiel "Content-Management" zeigt, geht es auch um den Bereich der Wortbildung. Hier ganz konkret um die Frage, wann und wie Bindestriche verwendet werden. Auch dafür lassen sich klare Regeln festlegen. Ein weiteres typisches Feld, in dem Konsistenz und Durchgängigkeit gefordert ist, sind die sogenannten Handlungsverben – siehe unser Beispiel "wählen/auswählen" von oben. Sie spielen eine prominente Rolle in Handlungsanweisungen und sollten als Bezeichner für Handlungen genauso konsequent standardisiert werden wie die Bezeichnung von Dingen.

 

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Nichts ohne Grund

Ansatzpunkte für Terminologie-Management und Terminologie-Arbeit gibt es also viele. Und wie bei allen Standardisierungsvorhaben ist es wichtig sich darüber im Klaren zu sein, warum man diese Aufgabe überhaupt in Angriff nehmen sollte. Was also bringt konsequentes Terminologie-Management?

Einen wichtigen Punkt haben wir schon genannt: Eine gute Terminologie schafft zu allererst Verständlichkeit. Verständlichkeit, die die Nutzer Ihrer Informationen und Dokumente in die Lage versetzt, die darin dokumentierten Produkte sicher und in vollem Umfang anzuwenden. Das ist nicht nur gut für das Image Ihres Unternehmens, sondern spart bares Geld. Alles, was Anwender auf Anhieb verstehen, müssen sie nicht bei Ihrer Hotline nachfragen.

Auch als Technische Redaktion – als "Produzenten" der Informationen und Dokumente – profitieren Sie von einer professionell gemanagten Terminologie. Wo die Benennungswelt eindeutig ist, sparen Sie sich viel Zeit sowohl bei der Erstellung als auch bei der Qualitätssicherung von Informationen.

Beliebt als Redaktion werden Sie sich zudem dadurch machen, dass die Standardisierung von Terminologie maßgeblich dafür verantwortlich ist, die Ausgaben für Übersetzungen zu senken. Was im Quelltext immer gleich benannt ist, muss nicht jedes Mal neu übersetzt werden. Gerade in hoch standardisierten bzw. standardisierbaren Informationsbeständen ergibt sich an diesem Punkt ein enormes Sparpotenzial. Je mehr Sprachen bei Ihnen zur "Pflicht" gehören, desto deutlicher werden Sie die Kostenentlastung spüren.

Mit System

Wie sind Sie als Redaktion aufgestellt in Sachen Terminologie-Management? Wenn Sie noch eher am Anfang stehen, sind Sie eigentlich in einer recht glücklichen Lage: Sie können auf einen reichhaltigen Erfahrungsschatz zurückgreifen, der sich durch die zunehmende Professionalisierung der Doku-Branche in den letzten Jahren angesammelt hat. Was daraus ist für Sie besonders wertvoll?

In Prozessen denken

Auch wenn Ihnen vielleicht auf Anhieb ganz viele Dingen einfallen, wie Sie die Terminologie in Ihrem Unternehmen verbessern könnten: Entwickeln Sie einen Terminologie-Prozess – also ein Verfahren, wie Sie Terminologie erheben, standardisieren und zur Verwendung im Unternehmen zur Verfügung stellen.

Wer muss an diesem Prozess beteiligt werden? Welche Aufgaben ergeben sich? Wie werden Entscheidungen getroffen? – Darüber sollten Sie sich Gedanken machen, damit Ihre Arbeit langfristig Früchte trägt und Ihr Engagement nicht ins Leere läuft. Bei Bedarf können Sie jederzeit auch auf professionelle Begleiter zurückgreifen.

Klein anfangen

Wenn Sie Ihren Content auf standardisierungswürdige Schreibweisen und Benennungen durchforsten, kann es schnell passieren, dass Sie bei mehreren hundert oder sogar tausend so genannter "Termkandidaten" landen. Für den Start ist so eine Menge nicht bewältigbar.

Besser ist es, mit einer Auswahl an Benennungen zu beginnen, die für Ihren Content zentral wichtig sind und die – endlich standardisiert – auf Anhieb für Mehrwert sorgen. Das verschafft Ihnen gleich zu Anfang konkrete Erfolgserlebnisse und gibt Ihnen die Möglichkeit, zu lernen und Dinge auszuprobieren, um letztlich den Terminologie-Prozess so zu gestalten, wie er für Sie am besten funktioniert.

Systeme einsetzen

Ohne Tool-Unterstützung ist es heute kaum mehr möglich, ein professionelles Terminologie-Management zu betreiben. Was Sie auf jeden Fall benötigen, ist ein Werkzeug, in dem Sie definierte Terminologie niederlegen können mit all den Informationen, die ein Terminologie-Eintrag benötigt (Terminologie-Verwaltungssystem).

Als Nächstes sollten Sie sich Gedanken machen, wie Sie die korrekte Terminologie möglichst geschickt für die Autoren und Redakteure im Texterstellungsprozess zugänglich machen. Unser Content-Management-System SCHEMA ST4 bietet Ihnen zum Beispiel eine leistungsstarke Autorenunterstützung, welche die Redakteure direkt im Editor dabei unterstützt, die korrekte Terminologie verwenden.

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