Lektorat in der Technischen Dokumentation: Wie Redaktion und Reviewer gut zusammenarbeiten
Das Lektorat ist einer der Knackpunkte in jedem Publikationsprozess. Es steht am Ende der Prozesskette, an der alle fertig werden möchten. Doch es geht auch entspannt. Lesen Sie, wie Sie als Technischer Redakteur die Fehlerquote reduzieren, das Lektorat entschlacken und die Zusammenarbeit mit den Fachkollegen konstruktiv gestalten.

Es gibt einen Abschnitt im Redaktionsprozess, der in fast jedem Unternehmen anders heißt: Neben Review, Lektorat und Korrekturphase sind zum Beispiel auch QS, Freigabe oder Fehlerbereinigung verbreitet. Doch egal wie diese Phase genannt wird: In kaum einem Unternehmen ist sie wirklich beliebt. Denn letzten Endes geht es darum, Fehler zu entdecken und zu beseitigen, die zuvor entstanden sind. Wer macht schon gerne Fehler oder räumt danach auf? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, wie Sie Fehlerquellen schon beim Schreiben ausmerzen und die Zusammenarbeit zwischen Redaktion und Reviewern möglichst angenehm und effizient gestalten.
Wie Sie das Lektorat schon im Vorfeld entlasten
Die Produkteinführung naht und die Technische Dokumentation hängt ewig im Freigabeprozess fest? Diese kritische Phase können Sie in der Technischen Redaktion beschleunigen, indem Sie bereits während des Schreibens und Layoutens Fehlerquellen reduzieren. Diese Möglichkeiten bieten sich an:
Reduzieren Sie Fehler durch die Wiederverwendung von Inhalten und Layout-Templates
Natürlich ist ein Lektorat nötig, auch wenn keine Fehler gemacht wurden. Denn ohne Prüfung lässt sich schlecht herausfinden, ob es Fehler gibt. Allerdings ist ein Lektorat dann nicht nötig, wenn man weiß, dass überhaupt keine Fehler entstehen können. Wenn Sie mit einem Redaktionssystem arbeiten, werden Sie viele Inhaltsbausteine wiederverwenden. Das Lektorat wird dadurch sehr viel schlanker, weil Sie die Fehlerprüfung nur an dem Originalmodul vornehmen und nicht an den vielen Anleitungen, die diesen Baustein wiederverwenden.
Das gleiche gilt auch für das Layout. Wenn Anleitungen von Hand gelayoutet werden, steckt eine Menge Arbeit darin, viele verschiedene Kleinigkeiten glatt zu ziehen. Mit einem automatischen Layout entfällt ein Großteil dieser „Frickelarbeiten“. Sobald ein automatisches Layout eingerichtet ist, lässt sich ein Großteil der Lektoratsaufwände sparen. Wenn das Layout nicht stimmt, liegt das fast immer daran, dass der Content falsch klassifiziert und ausgezeichnet ist. Und das fällt normalerweise – siehe oben – schon auf, wenn der Content-Baustein lektoriert wird.
Lassen Sie Fehler automatisch finden
Zunächst einmal gilt für ein schlankes Lektorat: Sorgen Sie dafür, dass Fehlerquellen beseitigt werden, statt Fehler zu korrigieren. Aber natürlich lässt sich das nicht immer umsetzen. Dann gilt: Wenn sich eine Fehlerquelle schon nicht schließen lässt, sollte der Fehler möglichst automatisiert entdeckt werden.
Dazu gibt es in den digitalisierten Redaktionsprozessen eine Reihe von Ansatzpunkten. Das beginnt bei mittlerweile selbstverständlichen Werkzeugen wie der Rechtschreibprüfung von Word. Deutlich leistungsfähiger sind Controlled Language Systeme, die mit linguistischen Algorithmen auch stilistische Fehler entdecken.
Oft sind es aber nicht nur Aspekte der sprachlichen Gestaltung, die im Lektorat der Technischen Dokumentation als Fehler auffallen. Mit einem Redaktionssystem lässt sich (neben vielen sprachlichen Punkten) auch die Struktur der Texte prüfen. Dadurch können Sie feststellen, ob Textteile fehlen, an der falschen Stelle stehen, zu lang sind und vieles mehr. Besonders hilfreich ist, dass sich solche Suchen und Abfragen speichern und automatisiert abrufen lassen. So ist gewährleistet, dass die Qualitätsprüfung immer in derselben Weise abläuft.
6 Tipps, um das Lektorat angenehmer zu gestalten und Missverständnisse zu vermeiden
Beim Lektorat oder auch Review geht es immer darum, Fehler und Schwächen aufzuzeigen – keine leichte Aufgabe. Mit den folgenden Tipps sorgen Sie als Technischer Redakteur dafür, dass diese kritische Phase reibungslos gelingt.
1. Seien Sie als Technischer Redakteur kritikfähig
Lektorat fängt bei uns selbst an. Vielen Inputgebern fällt es schwer, andere zu kritisieren. Noch schwieriger wird es, wenn Kritik nur widerwillig angenommen wird. Es gibt verschiedene Varianten, Kritik abzuwehren:
- „Das haben wir schon immer so gemacht.“
- „Das können wir jetzt nicht mehr ändern.“
- „Die Info brauchen wir nicht.“
Klar, Kritik kann nerven. Aber jede Kritik hilft weiter, sogar wenn Sie irrelevant erscheint – weil sie uns zeigt, wo ein Text auf Widerstände stößt oder Unklarheiten bestehen.
Kritikfähig zu sein, heißt nicht, jede Kritik umzusetzen. Aber es bedeutet, dankbar für Korrekturen zu sein und zu erklären, welche Kritik hilft, welche im Prinzip hilft (aber aus Kosten- oder Zeitgründen nicht umgesetzt werden kann) und welche Kritik Sie aus einem bestimmten Grund nicht weiterbringt. So lernen alle voneinander und die nächste Lektoratsphase läuft noch besser und erfolgreicher.
2. Geben Sie klare Arbeitsanweisungen an die Reviewer und seien Sie transparent über den aktuellen Stand
Apropos voneinander lernen: Oft gibt es Probleme im Lektorat, weil die Reviewer nicht wissen, was von ihnen erwartet wird. Das beginnt bei so einfachen Dingen wie dem Zeithorizont: Wann muss der Text lektoriert sein? Und nein, es reicht nicht, wenn die Inputgeber wissen, wann der Text publiziert werden soll. Darüber hinaus müssen diese Bescheid wissen, welche Art von Korrektur von ihnen erwartet wird.
- Geht es nur um inhaltliche Aspekte?
- Soll die Rechtschreibung überprüft werden?
- Muss das Layout korrigiert werden?
Das Lektorat teilt sich in unterschiedliche Phasen: Erst die Inhalte, dann die sprachliche Gestaltung, die Rechtschreibung, danach das Layout. Es ist für Inputgeber wichtig zu wissen, in welche Phase ihre Überarbeitung fällt und warum es sich nicht lohnt, spätere Aufgaben vorab zu erledigen.
3. Setzen Sie realistische Qualitätsziele für das Lektorat
Besonders wichtig ist es, sich bewusst ein Qualitätsziel zu setzen. Dieses muss mit den Ressourcen der Redaktion und mit den Geschwindigkeitsanforderungen bei der Publikation zusammenpassen.
Je höher die Qualitätsanforderungen, desto größer der Ressourcen- und Zeitbedarf. Wenn Sie zum Beispiel die Anforderung haben, dass für eine Anleitung keine Rechtschreibfehler „durchrutschen“, dann reicht es nicht aus, dass am Ende der Praktikant das Dokument noch einmal durchliest. Verlage, die solche Anforderungen oft stellen, organisieren ihren Lektoratsprozess in diesen Fällen nach einem iterativen 4-Augen-Prinzip. Das heißt: Zwei Lektoren oder Lektorinnen korrigieren so lange ein Manuskript, bis keine bzw. keiner mehr in den korrigierten Versionen einen Fehler finden kann.
Sie sehen schon: Für eine Technische Redaktion mit ihren engen Zeitplänen ist das höchstens für einzelne Seiten realistisch. Das heißt im Umkehrschluss aber auch: Rechtschreibfehler sollten geprüft und behoben werden. Aber niemand kann realistischerweise erwarten, dass die Anleitungen komplett fehlerfrei sind.
4. Standardisieren Sie das Korrekturverfahren
Neben dem „Was“ der Korrektur ist auch das „Wie“ wichtig. Die Ergebnisse im Lektorat sind deutlich besser, wenn ein dokumentiertes Korrekturverfahren existiert:
- Sollen die Duden-Korrekturzeichen verwendet werden (und kennen die Inputgeber diese)?
- Oder soll doch lieber die Überarbeitungsfunktion von Word verwendet werden?
- Sollen Fehler angemerkt werden, auch wenn sie offensichtlich sind und gleich behoben werden können?
- Soll bei der fachlichen Korrektur nur der Sachverhalt dargestellt werden oder gleich ein Formulierungsvorschlag gemacht werden?
Ein Lektorat hat viele Aspekte und diese klären Sie am besten vor dem Korrekturlauf. Sie lassen sich auch in einem Review-Leitfaden oder einer Checkliste festhalten und sind so für neue Inputgeber immer gleich parat.
Außerdem sollten die Reviewer wissen, welche Formulierungsstandards für den jeweiligen Text verwendet wurden. Bei Technischen Dokumentationen sind das normalerweise die Terminologie und der Redaktionsleitfaden. Sonst finden sich in den Korrekturergebnissen viele Anmerkungen, die bereits anders entschieden sind.
5. Verwöhnen Sie Ihre Inputgeber
Lektorat ist keine leichte Aufgabe. Es braucht Genauigkeit, obwohl meist Zeitdruck besteht. Es braucht präzise Analysen des Inhalts und Fingerspitzengefühl bei der Formulierung von Kritik. Nur wenige sind exzellente Inputgeber im Korrekturprozess.
Es lohnt sich deshalb, diesen Beteiligten Wertschätzung auszudrücken. Oft reicht schon ein Wort des Dankes oder eine kleine Nettigkeit. Ein kleines Täfelchen Schokolade zum Beispiel oder eine selbst gemachte Marmelade als Dankeschön zeigen Inputgebern, wie sehr Sie ihre Mitarbeit schätzen.
6. Messen Sie den Erfolg
Lektorat hat das Ziel, Fehler zu verhindern. Doch nichts ist frustrierender als eine Sisyphus-Arbeit, bei der Reviewer das Gefühl haben, dass dieselben Fehler immer wieder auftreten. Es ist deshalb eine gute Idee, sich Ziele zu setzen, welche Fehler dauerhaft im Lektorat weniger werden sollen. Das kann zum Beispiel die Zahl der Kommentare bei der fachlichen Korrektur sein.
Durch eine konkrete Erfolgsmessung entsteht ein Anreiz, diese Art der Fehler schon im Vorfeld auszuschließen, zum Beispiel durch eine genauere Recherche oder eine bessere Dokumentation der Ergebnisse. Mit der Zeit werden diese Fehler so immer seltener. Der Aufwand im Lektorat sinkt und die Zufriedenheit der Beteiligten steigt.
Fazit: Nutzen Sie das Potenzial, Ihr Lektorat effizienter zu gestalten
Das Lektorat ist ein kritischer Schritt im Publikationsprozess, der dazu dient, Fehler und Schwächen zu identifizieren und das Beste aus einem Text herauszuholen. Um das Lektorat effektiver zu gestalten, sollten Technische Redakteure kritikfähig sein und Korrekturen dankbar annehmen, auch wenn sie manchmal unangenehm sein können.
Klar definierte Arbeitsanweisungen sind entscheidend, um Missverständnisse zu vermeiden und den Inputgebern eine klare Richtlinie zu geben. Die Standardisierung des Korrekturverfahrens und die Verwendung von Redaktionsleitfäden oder Checklisten verbessern die Qualität der Ergebnisse. Die Wertschätzung der Inputgeber durch kleine Gesten der Dankbarkeit trägt dazu bei, dass sie sich geschätzt und motiviert fühlen. Schließlich ist es wichtig, den Erfolg des Lektorats zu messen und konkrete Ziele zu setzen, um wiederkehrende Fehler zu reduzieren. Durch kontinuierliche Verbesserungen und eine effiziente Fehlerprävention wird der Lektoratsprozess reibungsloser und die Zufriedenheit aller Beteiligten steigt.
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