Englische Doku, deutsche Redaktion: (k)ein Problem

Veröffentlicht: 07.03.2022 Aktualisiert: 22.11.2023

Für manche ist es Alltag, für andere eine Katastrophe – aber leicht ist es nie, als deutscher Redakteur (oder generell als „Non-Native“) Dokumentation auf Englisch zu schreiben. Dennoch sind viele Technische Redakteurinnen und Redakteure in dieser Situation. Im Management internationaler Unternehmen werden allerdings oft Herausforderungen unterschätzt, die sich ergeben, wenn nicht-muttersprachliche Redakteurinnen und Redakteure englische Dokumentation verfassen.

 

 

Oft herrscht im internationalen Management auch die Meinung vor, dass Technische Redakteure und Redakteurinnen ohnehin Übersetzer sind. Dies stimmt zwar für einige kleinere Länder, deren Sprachen nicht sehr weit verbreitet sind. In Deutschland sind allerdings in den Technischen Redaktionen – ebenso wie im englischsprachigen Raum – ausgebildete Kommunikationsspezialisten beschäftigt.

Es lässt sich also gleich zu Beginn festhalten: Den betroffenen Kolleginnen und Kollegen in der Technischen Redaktion ein paar Tage Sprachtraining zukommen zu lassen, reicht nicht aus. Dieser Gedanke ist auf den ersten Blick zwar naheliegend – immerhin haben die meisten Deutschen in ihrer Schulzeit mehrere Jahre Englisch gelernt – er ist aber aus (mindestens) zwei Gründen verkehrt.

Zum einen bedeutet mehrere Jahre Unterricht nicht unbedingt, dass das Kompetenzniveau auch heute noch wirklich gut ist. Wer seit zwanzig Jahren kaum mehr Englisch gesprochen hat (geschweige denn geschrieben) tut sich schwer, bereits nach einigen Tagen Training sicherheitsrelevante Dokumente zu verfassen. Und wer in der Schule in Mathe und Physik brilliert hat, muss nicht unbedingt auch in Englisch ein Crack gewesen sein.

Zum anderen – und das ist vielleicht sogar noch wichtiger: Technische Redaktion ist mittlerweile stark professionalisiert und keine Aufgabe, die ohne große Vorkenntnisse erledigt werden kann. Normalerweise wird man erst nach mehrjähriger Ausbildung oder Studium zum Technischen Redakteur. Die so erworbenen Kenntnisse lassen sich zwar zum Teil auf die Dokumentation im Englischen übertragen. Zahlreiche Inhalte sind jedoch sprachspezifisch und können nicht einfach aus dem Deutschen abgeleitet werden. Neben der sprachlichen und fachsprachlichen Schulung müssen deshalb auch gezielt Inhalte zur Erstellung englischsprachiger Dokumentation vermittelt werden.

Doch Schulungen können immer nur einen Teil des Wegs bereiten. Mindestens ebenso wichtig sind Maßnahmen auf redaktioneller Ebene und unterstützende Software. Bei der Redaktion sind mehrere Anpassungen an den Prozessen notwendig. Am Anfang des Redaktionsprozesses muss ein gut durchdachter Redaktionsleitfaden stehen. Hier werden die wesentlichen Formulierungsmuster für verschiedene Teile der Technischen Dokumentation festgehalten. Außerdem sollte ein Redaktionsleitfaden auf die typischen Fehlerquellen von deutschsprachigen Autoren und Autorinnen eingehen. Das sind z. B. die sogenannten False Friends, also Begriffe, die im Deutschen ähnlich aussehen wie im Englischen, aber Unterschiedliches bedeuten (z. B. „aktuell“ = „momentan“; „actual“ = „tatsächlich“).

Während des Redaktionsprozesses unterstützt ein zuverlässiges Terminologiemanagement. Dies ist auch dann sinnvoll, wenn die Dokumente nicht übersetzt werden. Denn in allen Texten kommt es ohne Terminologiemanagement zu Varianten bei der Benennung von Produkten, Prozessen und Objekten. Im schlimmsten Fall schädigt diese Varianz die eigene Marke; auf jeden Fall führt sie aber zu einer geringeren Verständlichkeit und zu höheren Aufwänden bei der fremdsprachigen Dokumenterstellung. Terminologie lässt sich zwar auch ohne spezielle Softwareunterstützung managen. In den meisten Fällen bietet sich aber eine Terminologiedatenbank an.

Am Ende des Redaktionsprozesses sollte ein zuverlässiges Lektorat stehen, idealerweise durch einen englischen Muttersprachler. Eine Umfrage des Branchenverbands tekom ergab, dass bei über 60 Prozent der Redakteure, die fremdsprachige Texte verfassen, kein eigenes Lektorat stattfindet; nur knapp 20 Prozent können sich auf ein Lektorat durch einen Muttersprachler verlassen.

Neben den Unterstützungsmöglichkeiten auf der Prozess-Ebene gibt es auch eine breite Auswahl von Software, die bei der Erstellung von englischsprachiger Dokumentation unterstützt. Die wichtigsten Software-Systeme und ihren jeweiligen Nutzen haben wir deshalb hier für Sie zusammengefasst.

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