"Die Welten wachsen schneller zusammen als man denkt"

Im Gespräch mit Daniel Binder, Product Manager Quanos InfoTwin.

Der Quanos InfoTwin ist die Digital Information Twin Lösung von Quanos. In seiner Funktion als Product Manager begleitet Daniel Binder das Zusammenwachsen der Produkte der Quanos-Geschäftsbereiche Service Solutions und Content Solutions. Einen großen Schritt auf dieser Reise machte Quanos auf der ersten gemeinsamen Kundentagung Quanos Connect am 31. Mai und 1. Juni 2022, bei der die neue Lösung Quanos InfoTwin vorgestellt wurde. Der Quanos InfoTwin vereint Technische Dokumentation und Ersatzteilmanagement in einer cloudfähigen Applikation. 

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Herr Binder, warum gehören Dokumentation und Ersatzteilmanagement zusammen? Eigentlich sind das doch zwei ganz unterschiedliche Bereiche des Produktlebenszyklus. 

Das wurde lange so gesehen, richtig. Aus Sicht der Technischen Dokumentation war der Ersatzteilkatalog einfach ein weiterer Teil der Dokumentation, die Ersatzteilmanagement-Sicht war „noch eine weitere verknüpfte Datei am Ersatzteilkatalog.“ Dabei ergänzen sich die beiden Bereiche sehr gut, wenn man einmal genauer hinschaut. Das zeigt sich ja unter anderem auch in unserem Unternehmen Quanos: Der Zusammenschluss zweier Firmen aus dem Ersatzteilbereich mit einem Anbieter Technischer Dokumentationssoftware geschah ja nicht zufällig, sondern aufgrund des tiefen Verständnisses, dass die Bereiche zusammengehören und sich ergänzen. 

 

Wo sind denn die Überschneidungen? 

Der Ersatzteilbereich fokussiert auf konkret verbaute Teile und Komponenten. Nur so kann der Servicetechniker die korrekten Ersatzteile bestellen. In den Anleitungen der technischen Dokumentation muss dagegen häufig gar nicht detailliert unterschieden werden, um welches Teil mit welcher Artikelnummer es sich handelt, da das für die Serviceanleitung keine Relevanz hat. Der Ersatzteilbereich hat aber genau diese Informationen und ist in der Lage, individuelle, genau auf einen as-built- oder as-maintained-Status angepasste Ersatzteillisten zu verwalten.  

In der Praxis kommt dann beides zusammen. Damit der Service-Techniker seinen Auftrag durchführen kann, muss er nicht nur wissen, wie er eine Aufgabe durchführt, sondern benötigt einen Überblick über die konkret verbauten Teile. Nur wenn er beide Informationsquellen zur Verfügung hat, kann er in kürzester Zeit zu einem optimalen Ergebnis kommen. So entsteht, wenn man beides zusammenführt, etwas ganz Neues

 

Das hört sich logisch an. Wo sind dann die Stolpersteine bei der Zusammenführung von Technischer Dokumentation und Ersatzteilwesen? 

Die Herausforderung ist nun, diese beiden Welten über die Metadaten zu vernetzen – was je nach Unternehmen mehr oder weniger Aufwand bedeutet. Ziel ist es, wie im Quanos InfoTwin umgesetzt, dass die Nutzer vom Ersatzteil in die Dokumentation springen können – ebenso in der Gegenrichtung, also von der Dokumentation zum Bauteil oder der Baugruppe. Die Tiefe und der Umfang der dabei involvierten Daten sind natürlich je nach Anwender unterschiedlich, denn der Ersatzteil-Einkäufer beispielsweise benötigt andere Informationen als der Servicetechniker. 

 

Wie geht man als Unternehmen das Thema richtig an? 

Das kommt sehr auf das einzelne Unternehmen, seine Datenqualität und -organisation an. Relativ einfach und schnell lässt sich ein Metadatenmapping durchführen, bei dem zwischen den Metadaten beider Welten Übereinstimmung gesucht und darüber verlinkt wird. Ein zweiter Schritt wäre das Mapping über Schlagwörter und eine intelligente Suche, bei der sich Teilmengen durch den Kontext einschränken lassen. 

Beide Ansätze lassen sich sogar parallel fahren, wenn man „harte Links“ beispielsweise über die Teilenummer erstellt und zusätzlich „weiche Links“ automatisch erstellt und entsprechend kennzeichnet. So hat der Anwender einerseits eine breite Palette weiterführender Verknüpfungen zur Verfügung, zum anderen kann er schnell beurteilen, wie sinnvoll diese Links sind. Wir haben zudem mit PlusMeta einen Partner, mit dem wir gemeinsam die Lösung AI Cube entwickelt haben, die mit Hilfe einer Künstlichen Intelligenz die Dokumentationsinhalte automatisch mit passenden Metadaten anreichert. So steht eine breite Palette von Strategien und Werkzeugen bereit, um die beiden Disziplinen zu verbinden. 

 

Künstliche Intelligenz hört sich auf jeden Fall interessant an. Können Sie uns weitere Ideen verraten, an denen Quanos arbeitet? 

Wir arbeiten an einer neuen Funktionalität für Servicetätigkeiten. So möchten wir aus den Dokumentationen die vorhandenen Schritt-für-Schritt-Anleitungen automatisiert extrahieren und in Form eines digitalen Assistenten bereitstellen können. Dadurch können wir den Anwendern neben der beschreibenden Dokumentation auch die passenden Informationen liefern, welche Verschleißteile, Betriebsmittel und Werkzeuge für die Tätigkeit benötigt werden. Damit werden die Informationen zum Thema „Wie repariere ich etwas?“ mit einem Zugang zu „was ich dazu benötige“ verbunden. 

Ein weiteres Thema der Entwicklung ist die gemeinsame Nutzung von Visualisierungsdaten. Wir haben in den Ersatzteilkatalogen 2D- und 3D-Darstellungen, diese werden ebenso bei der Erstellung der technischen Dokumentation benötigt. Hier liegt noch einiges an Effizienzsteigerungspotential verborgen. Wichtig ist es, die Synergien zwischen beiden Bereichen zu finden und nutzbar zu machen, Daten wiederzuverwenden, Aufwand zu reduzieren und am Ende Zeit zu sparen

 

Wo steht der Markt aktuell und wo geht es hin? 

Wir bei Quanos sehen seit dem Zusammenschluss immer klarer, dass die beiden Welten Technische Dokumentation und Service viel näher beieinander sind als man früher dachte – und sie nähern sich noch weiter an. Und unsere Mitarbeitenden arbeiten seit über 20 Jahren sehr eng an dem Thema. Das bedeutet, dass wir im Markt erst einmal das Verständnis schaffen müssen, wie die beiden Bereiche zusammengehören. Manche Unternehmen sind schon recht weit und entwickeln sich gemeinsam mit uns weiter, viele andere Unternehmen sehen die Vorteile aktuell noch nicht. Wer sich allerdings einmal mit der Thematik beschäftigt, sieht die Vorteile schnell. Unsere Aufgabe ist es nun, Lösungen bereitzustellen, damit unsere Kunden diese Vorteile so schnell und so einfach wie möglich realisieren können. 

 

Herr Binder, wir danken für das Gespräch.