Technische Dokumentation in 3D
3D-Modelle im Handbuch. Haben Sie sich auch schon mal gefragt, ob das wirklich sein muss? Andererseits: Die 3D-Daten aus der Entwicklung sind ja ohnehin schon da. Und da wäre es doch schade, wenn sie im PLM-System vor sich hin stauben. Sehen wir uns also heute einmal an, was 3D-Modelle für die Technische Redaktion leisten können und wie man am besten mit ihnen umgeht.
3D-Modelle für mehr User Experience in der Dokumentation
Fangen wir mit den Vorteilen an. Die sind tatsächlich zahlreich vorhanden, denn 3D-Modelle sind für die Anwender übersichtlicher und anschaulicher. Sie motivieren die Nutzer, sich mit der Anleitung zu beschäftigen. Findet man auf der Startseite ein interaktives 3D-Modell, dann erwacht der Spieltrieb. Man sieht sich das Modell aus verschiedenen Blickwinkeln an, zoomt in das Modell hinein und schon beginnt man ganz automatisch, sich mit den Produktfunktionalitäten auseinanderzusetzen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, denn viele Anleitungen verstauben leider ungelesen in irgendeinem Schrank (oder auf irgendeiner CD).
Auch insgesamt sind 3D-Modelle wesentlich anschaulicher als herkömmliche Grafiken. Sie erlauben es den Anwendern, ihren Blickwinkel frei zu wählen. Wo bei Abbildungen mehrere Grafiken nötig sind, um das Gerät komplett darzustellen, bietet das 3D-Modell gleichermaßen Zugang zu Vorder- und Rückseite, oben und unten und jeder noch so schrägen Perspektive. 3D-Modelle ersetzen so den Geräteüberblick mit den (manchmal verwirrenden) „Beigelungsgrafiken“.
Neue Funktionalitäten mit 3D in der Dokumentation
Doch 3D-Modelle können noch mehr als nur Inhalte übersichtlicher und anregender darzustellen. Durch 3D-Modelle gewinnt die Anleitung eine neue interaktive Dimension. Denn damit lassen sich verschiedene Schichten des Produkts ein- und ausblenden, so dass man sukzessive immer tiefer in das Gerät sehen kann. Die exakte Identifikation und Lokalisierung der Bauteile ist so für die Anwender wesentlich einfacher.
Ein Gewinn ist 3D auch, um Teile exakt zu identifizieren. Denn Text und Modell lassen sich direkt miteinander verzahnen. Wenn das Bauteil im Text erwähnt wird, kann der Begriff mit einem Link hinterlegt werden. Sobald man darauf klickt, wird im 3D-Modell das entsprechende Bauteil grafisch hervorgehoben, z. B. durch Farbe oder indem es aus dem Produktganzen herausgelöst und im Vordergrund dargestellt wird.
Auf dem umgekehrten Weg wird das 3D-Modell dann zum Navigationsinstrument. Klickt man auf ein Element des Modells, so wird automatisch die dazu gehörende Einstiegsseite geöffnet. Auf diese Weise müssen Anwender nicht erst die Bezeichnungen der Bauteile kennen, sondern können direkt die passsenden Informationen aufrufen.
Zu guter Letzt kann man 3D-Modelle selbstverständlich auch animieren. Dadurch lässt sich sehr anschaulich zeigen, wie sich z. B. ein Gerät zusammensetzen lässt oder welche Handlungen an welchem Bauteil vorgenommen werden sollen. Insgesamt sprechen also eine Menge Punkte für 3D-Modelle in der Technischen Dokumentation.
Welche Probleme gibt es mit 3D-Modellen in der Dokumentation?
Natürlich sollte man nicht verschweigen, dass 3D-Modelle einige Probleme mit sich bringen. Wie sehen diese aus und wie lässt sich mit ihnen umgehen? Die beiden gravierendsten Punkte sind die Sicherheitsprobleme, die mit 3D-Modellen verbunden sind. 3D-Modelle enthalten Metadaten, die Ansatzpunkte für Industriespionage bieten. So können dort z. B. die Namen der Konstrukteure eines Geräts enthalten sein und dann für Social Hacks genutzt werden. Oder die Metadaten verzeichnen die Toleranzen der Bauteile, eine begehrte Information für Produktpiraten. Bevor man also 3D-Modelle nutzt, muss man sicherstellen, dass alle für die Dokumentation unnötigen Metadaten gelöscht werden.
Aber auch das 3D-Modell selbst ist ein Ansatzpunkt für Industriespionage und Reverse Engineering, enthält es doch den kompletten Geräteaufriss des Produkts. Um also zu verhindern, dass ein Wettbewerber die relevanten Daten einfach ausliest, müssen die Abmessungen unkenntlich gemacht werden. Dafür halten moderne M-CAT-Systeme eine Funktionalität bereit, mit der Geometrien innerhalb gewisser Grenzen zufallsgesteuert umgeschrieben werden. Der Vorteil: Die Daten werden nicht nur verborgen, sondern komplett zerstört. Für einen Reverse-Engineering-Versuch sind diese 3D-Modelle nicht mehr geeignet; es wäre dann sogar einfacher, sich eine der Maschinen zu besorgen und diese zu analysieren.
Daneben kann es auch noch kleinere Probleme geben, zum Beispiel dass in der Entwicklung, die die 3D-Modelldaten liefert, nicht immer alle Teile des Endgeräts modelliert werden. Oft fehlen zugekaufte Standardteile wie Hydraulik-Schläuche oder Steckverbindungen. Als Redaktion sollte man dies vor der Entscheidung für ein 3D-Modell prüfen und ob man ohne dies Teile auskommen kann oder sie nachmodellieren.
Die Probleme beim Einsatz von 3D-Modellen sind also bewältigbar. Doch wie kommt man als Technische Redaktion eigentlich an die Daten? Dazu mehr im nächsten Beitrag.
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