Übersetzungsgerechte Dokumentation - Gar nicht so schwer
Wenn Sie als Unternehmen Ihre Produkte weltweit verkaufen, benötigen Sie fast automatisch eine mehrsprachige Dokumentation. Ganz unabhängig davon, ob die Übersetzungen intern abgewickelt werden oder durch externe Agenturen - die grundsätzlichen Anforderungen sind immer dieselben: die Übersetzungen sollen inhaltlich richtig sein (Rechtssicherheit), sie sollen möglichst kostengünstig sein und sie sollen pünktlich für die Produktauslieferung fertig sein.
Entscheidend ist die Quelltextqualität
Wenn es um die Übersetzung geht, haben viele Unternehmen nur den Übersetzungsprozess im engeren Sinne im Blick und konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Suche nach der passenden Agentur. Sie berücksichtigen dabei üblicherweise hauptsächlich fachliche Anforderungen und vergleichen Angebotspreise.
Was viele übersehen: Die Kosten und die Übersetzungszeit können erheblich gesenkt werden, wenn sie die Ausgangstexte (auch Quelltexte) auf die Anforderungen der Übersetzungsarbeit zuschneiden. Es bedeutet:
- Einerseits die Texte für die maschinelle Verarbeitung durch ein TMS (Translation Management System) zu optimieren,
- andererseits die Texte so eindeutig und verständlich zu schreiben, dass der Übersetzer den Text ohne großen Recherche-Aufwand in die andere Sprache übertragen kann.
Und wie macht man das? Eigentlich muss man lediglich einige bekannte Prinzipien konsequent umsetzen, wie alle technischen Redakteure sie auch vom „gewöhnlichen“ Schreiben her kennen. Nur: Durch die nachgelagerte Übersetzung nimmt ihre Bedeutung erheblich zu.
Wie ein TMS arbeitet
Um die Anforderungen einer TMS-gestützten Übersetzung besser zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass ein TMS Datenbank-basiert ist und mit Segmentierung arbeitet. Es zerlegt den Text in Einheiten, sucht nach passenden Entsprechungen (sogenannten Matches) in der TM-Datenbank und zeigt Übersetzungsvorschläge an, die vom Übersetzer geprüft und freigegeben oder für den vorliegenden Fall angepasst werden. In der üblichen satzbasierten Segmentierung entspricht ein einzelner Satz einem Segment im TMS. Innerhalb eines Satzes werden Elemente, die zusammengehören, als sogenannte Token identifiziert, so dass z. B. eine Datumsangabe wie „06. Februar 2020“ als Ganzes und nicht als „06.“, „Februar“, „2020“ behandelt wird. Identische Texte in unterschiedlichen Formaten behandelt ein TMS üblicherweise wiederum als unterschiedliche Segmente.
Vor diesem Hintergrund wird sofort klar, welche Faktoren für eine möglichst gute maschinelle Zuordnung und möglichst aufwandsarme Nachbearbeitung durch den Übersetzer besonders relevant sind. Im Großen und Ganzen geht es immer um Verständlichkeit und Konsistenz in der Wortwahl und Ausdrucksweise.
Anforderungen an die Inhalte
Wenn man darüber nachdenkt, wie man Inhalte/Content am besten für die aufwandsarme Übersetzung aufbereitet, muss man sich zum einen mit der inhaltlichen und sprachlichen Ebene und zum anderen mit einigen formalen Aspekten befassen. Was sind die Anforderungen hinsichtlich Inhalt und Sprache?
Satzstrukturen
- Kurze Sätze, möglichst mit Satzstellung S-V-O und ohne Passiv, sind das A und O. Diese lassen sich am leichtesten von Mensch und Maschine dekodieren.
- Haupt- und Nebensätze sollten durchgehend nach dem gleichen (logischen) Prinzip aneinandergereiht werden. Das ist besonders wichtig, denn ein TMS segmentiert die Ausgangs- und die Zielsprache gleichermaßen.
- Satzklammern sollten Tabu sein. Diese dienen der Verständlichkeit in der Doku nicht besonders und lassen sich zudem nur ganz umständlich in Fremdsprachen übertragen.
Konsistenz auf Satz- und Wortebene
- Gleiche Sachverhalte sollten immer gleich formuliert werden, z.B. Anweisungen immer entweder im Imperativ oder Infinitiv.
- Dies gilt auch für die verwendeten Begriffe: Wird für ein und dasselbe ein anderes Wort verwendet, handelt es sich für das TMS automatisch um etwas Neues. Bei der Prüfung muss der Übersetzer sicherstellen, ob damit wirklich etwas Neues gemeint ist oder ob es sich um eine Wiederaufnahme handelt.
- Abweichungen in der Schreibweise (also auch Tippfehler!) führen dazu, dass ein TMS ein Segment nicht 1:1 zu einer vorhandenen Übersetzung zuordnen kann.
Verständlichkeit / Eindeutigkeit
- Über die reine Konsistenz hinaus ist es wichtig, Begriffe mit eindeutiger Semantik zu verwenden. Es bedeutet zum einen, dass Komposita ausgeschrieben werden und nicht auf ihr Hauptwort verkürzt werden. Zum anderen gibt es eine Reihe von Wörtern, die per se problematisch sind. „Fehler“ kann Singular oder Plural sein, ist dies im aktuellen Kontext eindeutig? Ist klar, was mit dem Adjektiv „werkseitig“ gemeint ist? Auch sogenannte Füllwörter wie „etwa“ stellen Übersetzer vor große Herausforderungen.
- Ein etwas versteckteres Problem ist die Wiederaufnahme durch Fürwörter, wenn das Bezugswort nicht im Satz steht. Bezüge sollten also möglichst explizit hergestellt werden, sowohl zwischen einem und dem darauffolgenden Satz als auch über Absätze hinweg. Bsp.: „Schalten Sie das Gerät aus. Lassen Sie es abkühlen, bevor Sie “ -> „Lassen Sie das Gerät “, denn nur so kann das zweite Segment im TMS sicher zugeordnet werden.
- Wenn möglich sollten die verwendeten Maße und Einheiten, Beispiele und Referenzen international einsetzbar sein.
Grafiken und Symbole
Auch die Grafiken und die Symbole sollten sorgfältig gewählt werden und möglichst kulturneutral sein, um Lokalisierungsaufwände zu vermeiden.
Darüber hinaus kann man die Grafiken, die Text enthalten, so gestalten, dass der zu übersetzende Text nicht Teil der Grafik, sondern möglichst ausgelagert ist (z. B. entweder als Legende oder - mit geeigneten Redaktionswerkzeugen - zumindest getrennt vom Grafikmotiv verwaltet wird).
Anforderungen an Layout und Formatierung
Neben den Inhalten gibt es ein paar technische Anforderungen, die man unbedingt berücksichtigen sollte, damit die Inhalte reibungslos durch das TMS verarbeitet werden können.
- Sätze sollten nicht unterbrochen werden durch Sonderformatierungen wie Aufzählungen, Tabs, Zeilenumbrüche. Das verhindert eine korrekte Sequenzierung. Ebenso sollten tabellarisch dargestellte Inhalte durch Tabellen erzeugt werden, nicht etwa durch Tabs oder Leerzeichen.
- Verschiedene Formatvorlagen für ein und denselben Text werden vom TMS als Nicht-Übereinstimmung ausgewertet. In ein und demselben Kontext sollte man also auf eine konsistente Verwendung von Formatvorlagen achten.
- Inhalte, die nicht übersetzt werden sollen, müssen für das TMS mit geeigneten Mitteln auskommentiert werden.
- Und: Im Layout sollte genügend Platz für die Zielsprache vorgesehen werden, also zum Beispiel keine festen Zeilenhöhen in Tabellen.
Je verständlicher, einheitlicher und standardisierter der Ausgangstext, desto kostengünstiger wird die Übersetzung: automatisierte Prozesse laufen reibungsloser und menschliche Aufwände für Recherche und Prüfung sinken. Darüber hinaus ist es sinnvoll, dem Übersetzer geeignete Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen in Form von z. B. Terminologie, Liste der Abkürzungen, Glossar und last but not least einer Referenzdatei in der Ausgangssprache, damit er den Text eindeutig in seinem Kontext übersetzen kann.
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