Neufassung der EU-Bauproduktenverordnung - So meistern Sie die zukünftigen Herausforderungen

Veröffentlicht: 06.02.2024 Aktualisiert: 16.07.2024

Die Neufassung der Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) sorgt derzeit für einige Verunsicherung bei Herstellern. Denn in dieser Neufassung sind die Dokumentationspflichten deutlich verschärft. Nun gilt es, den gesamten Produktlebenszyklus in der Dokumentation abzubilden und für die Nutzer verfügbar zu machen. Manch ein Hersteller fragt sich deshalb, wie das für oft mehrere tausend Produkte und etliche Zielsprachen überhaupt bewältigbar sein soll. Die gute Nachricht vorab: Dafür gibt es bewährte Werkzeuge und Verfahren. Die Herausforderung ist auch für kleinere Hersteller durchaus bewältigbar.

In diesem Text lesen Sie…

  • … inwiefern die Neufassung der Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) die Dokumentationspflichten für Hersteller verschärft
  • … welche Herausforderungen es jetzt diesbezüglich zu meistern gibt
  • … welche Lösungen es gibt, damit Hersteller die Dokumentationsmenge bewältigen, den Überblick behalten und Zielmärkte reibungslos bedienen können.

 

Was fordert die Bauproduktenverordnung?

Die EU-Bauproduktenverordnung fordert (neben anderen Dingen, die nichts mit Dokumentation zu tun haben) den Herstellern doch so einiges ab. Denn

  • sie bedingt eine komplette Dokumentation des Produkts
  • zu jeder Phase des Produktlebenszyklus
  • für jede offizielle Sprache der Länder, in die es exportiert wird.

Ein kleines Beispiel: Stellt ein Bauprodukteproduzent 2.500 Produkte her (ein durchaus realistisches Produktsortiment), so heißt das, dass für Installation bzw. Inbetriebnahme, Bedienung, Wartung und Entsorgung bei 5 Zielsprachen insgesamt 50.000 Dokumente bereitzuhalten sind. Hinzu kommt noch interne Dokumentation, zum Beispiel für Service oder Schulung.

Es gibt zwar einige Aspekte, die Herstellern das Leben einfacher machen. Der Wichtigste: Die Dokumente müssen nicht als Papierdokument ausgeliefert und auch nicht zusammen mit dem Produkt auf der Baustelle bereitgestellt werden. Es reicht vielmehr aus, wenn auf der Verpackung oder dem Produkt ein digitaler Abruf der Dokumentation möglich ist, z. B. als QR-Code, der in den Downloadbereich der eigenen Website oder zu einem Content-Delivery-Portal führt.

 

Diese Herausforderungen gilt es zu meistern

Aber dennoch ist der geforderte Umfang beträchtlich. Vor allem drei Herausforderungen bringen viele Bauproduktehersteller deshalb zum Grübeln:

  1. Wie lassen sich solche Dokumentmengen bewältigen?
  2. Wie kann man bei diesem Dokumentationsumfang überhaut noch den Überblick behalten?
  3. Wie lassen sich hier Zielmärkte dann möglichst reibungslos bedienen?

Für all diese Herausforderungen gibt es eine erprobte Lösung. Die Maschinenrichtlinie* stellt bereits seit längerem ganz ähnliche Anforderungen. Deshalb setzt ein Großteil der Maschinenhersteller bei der Dokumentation schon seit vielen Jahren auf sogenannte Component Content Management Systeme (CCMS). Diese ermöglichen eine Arbeitsweise, mit der sich die Herausforderungen der Maschinenrichtlinie und der Bauproduktenverordnung bequem bewältigen lassen. Und sie bieten sogar einige Funktionalitäten, die Unternehmen den Weg zur Digitalisierung bereiten. Sehen wir uns also im Einzelnen an, was ein CCMS für die Dokumentation leistet.

 

*Die Maschinenrichtlinie ist eine EU-Richtlinie, die Hersteller von Maschinen und Anlagen verpflichtet, eine umfassende technische Dokumentation zu erstellen, die die Sicherheit der Anwender gewährleisten soll. Diese Dokumentation muss alle Aspekte der Maschine abdecken, einschließlich Bedienungsanleitung, Wartungshinweise, Risikobewertungen, technische Zeichnungen und mehr.

Technische Redaktionen müssen sicherstellen, dass die Dokumentation der Maschinen und Anlagen den Anforderungen der Maschinenrichtlinie entspricht. Dies erfordert eine umfassende und präzise Dokumentation, die auf dem neuesten Stand gehalten wird und jederzeit verfügbar ist. CCMS-Systeme können dabei helfen, diese Anforderungen zu erfüllen, indem sie eine effiziente und standardisierte Arbeitsweise ermöglichen.

 

Herausforderung 1: Dokumentmenge bewältigen

50.000 Dokumente, das hört sich nach viel an. Allerdings reduziert sich diese Content-Menge, wenn man bedenkt, dass sich sehr viele Textpassagen (und auch einige Grafiken) in den Dokumenten immer wieder wiederholen. Die Hinweise zur Entsorgung sind für fast alle Dokumente gleich, Warnhinweise kommen in derselben Form in fast jedem Dokument vor, die fachlichen Anforderungen für das Installationspersonal bleiben immer gleich und dergleichen Wiederholungen gibt es noch viele mehr.

Deshalb halten Component Content Management Systeme die Inhalte in modularer Form vor: nicht als Dokumente, sondern als kleine Texteinheiten, die erst für die Publikation zusammengefügt werden. Durch diese modulare Datenhaltung reduziert sich der Schreibaufwand deutlich und gleichzeitig steigt die Textqualität. Änderungen müssen nur noch an einer Stelle vorgenommen werden und nicht in allen Dokumenten. Weil die Inhaltsmodule layoutunabhängig gespeichert sind, lassen sie sich für unterschiedlichste Publikationen (auch Internet oder mobil) verwenden. Das Layout wird erst bei der Produktion des Enddokuments hinzugefügt – vollautomatisch und ohne weiteren Aufwand für die Technische Redaktion.

 

Herausforderung 2: Überblick behalten

Zugegeben, auch bei einer modularen Datenhaltung bleibt in einem CCMS noch eine erhebliche Content-Menge. Wie lässt sich hier noch der Überblick behalten? Dazu bieten CCMS einige mächtige Werkzeuge. Eine leistungsfähige Suche mit Speicherfunktion erlaubt den bequemen Zugriff auf einzelne Content-Module. Mit der Suche in einem CCMS lassen sich nicht nur Textinformationen abrufen, sondern zum Beispiel auch nach Content-Einheiten recherchieren, die kein Bild enthalten, die vor dem letzten Produktrelease erstellt wurden, auf die ein anderes Dokument verweist u.v.m.

Für jedes Contentmodul lässt sich erfassen, ob die Informationen gerade bearbeitet werden, geprüft werden oder freigegeben sind. Nur freigegebene Module lassen sich produzieren – so ist immer sichergestellt, dass nur valide Inhalte das Unternehmen verlassen.

Die Versionierungsfunktion im CCMS sorgt dafür, dass sämtliche Bearbeitungsstände der Inhalte immer abrufbar bleiben. So kann dasselbe Contentmodul verwendet werden, auch wenn ein Teil der Produkte noch mit alten Parametern läuft, während ein anderer Teil bereits die aktuellen Innovationen umgesetzt hat.

Insgesamt ist die Arbeit mit einem CCMS deshalb deutlich übersichtlicher als bei einer dokument- bzw. dateiorientierten Arbeitsweise. Die Technische Redaktion hat jederzeit die komplette Übersicht über Bearbeitungszustände und offene Aufgaben.

 

Herausforderung 3: Zielmärkte bedienen

Übersetzungen sind für jedes international operierende Unternehmen ein erheblicher Kostenblock. Durch die modulorientierte Datenhaltung reduziert sich dieser Kostenblock sehr deutlich. Denn nun müssen nicht mehr ganze Dokumente übersetzt werden, sondern nur die einzelnen Module, die dann in vielen Dokumenten wiederverwendet werden.

Im CCMS wird jedes Contentmodul mit den entsprechenden Übersetzungen zusammengehalten und verwaltet. Jedes Modul „weiß“ dadurch ob es für eine bestimmte Sprache bereits eine freigegebene Übersetzung erhalten hat. Durch die Wiederverwendung ist es deshalb im Idealfall sogar möglich, Dokumente für neue Produktvarianten ohne neue Übersetzung zu erstellen, wenn sich z. B. im Vergleich zu bestehenden Produkten nur Abmessungen oder Technische Daten geändert haben.

CCMS erleichtern die Übersetzung aber auch noch auf andere Art. Denn sie verfügen über eine leistungsfähige Standardschnittstelle zu Übersetzungswerkzeugen (die sogenannte COTI-Schnittstelle) und zu Terminologie-Managementsystemen. Dadurch läuft der Datenaustausch mit Übersetzungsbüros reibungslos, Rückfragen werden reduziert, Unklarheiten im Prozess vermeiden und das Layouten der übersetzten Inhalte kann komplett entfallen.

 

Fazit

Um den Anforderungen der Bauproduktenverordnung gerecht zu werden, müssen Bauproduktehersteller eine umfassende Dokumentation des gesamten Produktlebenszyklus erstellen und für alle Zielsprachen zur Verfügung stellen. Obwohl die Menge an Dokumenten bei tausenden von Produkten und verschiedenen Zielsprachen beachtlich sein kann, gibt es bewährte Lösungen: Hersteller von Bauprodukten sollten sich nun damit auseinandersetzen, eine interne technische Redaktion aufzubauen und ein Component Content Management System (CCMS) zu implementieren.

CCMS ermöglichen eine effiziente und standardisierte Arbeitsweise, die es Unternehmen erleichtert, die Anforderungen der Bauproduktenverordnung zu erfüllen. Sie reduzieren die Dokumentenmenge durch das Wiederholen von Textpassagen und ermöglichen eine bessere Übersichtlichkeit und Effizienz bei der Erstellung von Dokumenten. Die Umsetzung der Bauproduktenverordnung erfordert eine genaue Planung und Umsetzung, aber mit den richtigen Werkzeugen und Verfahren ist es auch für kleinere Hersteller durchaus bewältigbar.

Haben Sie Fragen? Melden Sie sich gerne bei uns! Wir zeigen Ihnen, wie unser Redaktionssystem SCHEMA ST4 Ihrem Unternehmen hilft, die Neufassung der EU-Bauproduktenverordnung zu meistern.

Andere Artikel von Quanos

Das könnte Sie auch interessieren

Was und wem nützt Terminologie?

Für viele Unternehmen ist systematische Terminologiearbeit noch ein Buch mit sieben Siegeln. Doch es lohnt sich, dies…

Lektorat/Korrektur in der Technischen Dokumentation

Es gibt einen Abschnitt im Redaktionsprozess, der in fast jedem Unternehmen anders heißt: Neben Review, Lektorat und …

Technische Doku per Sprachassistent

Gerhard Glatz und Lara Krägel sind Technische Redakteure bei Dokuschmiede, einem Dienstleister für Technische Kommuni…