Neue EU-Vorgaben: So wirken sie sich auf die Technische Dokumentation aus
Ob digitaler Produktpass, das Recht auf Reparatur oder Künstliche Intelligenz: Auf europäischer Ebene stehen aktuell und in den nächsten Jahren viele rechtliche Änderungen an. Welche neuen Vorgaben für die Technische Redaktionen jetzt relevant sind, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.
Die Welt befindet sich in der digitalen Transformation und mit ihr die globale Wirtschaft. Künstliche Intelligenz schafft neue Möglichkeiten. Sorgen um die Cybersicherheit steigen. Zugleich gewinnen in Zeiten des Klimawandels Nachhaltigkeitsaspekte an Bedeutung. Die Europäische Union reagiert mit neuen Rechtsvorschriften. Aktuell und in den nächsten Jahren sind Unternehmen daher mit einer Reihe von rechtlichen Veränderungen konfrontiert. Im Folgenden erfahren Sie, welche EU-weiten Richtlinien und Verordnungen insbesondere für Technische Redaktionen relevant sind.
Dieser Blogbeitrag greift die wichtigsten Punkte eines Quanos-Webinars mit Roland Schmeling, Geschäftsführer von Schmeling + Consultants, auf. Sein Beratungsunternehmen ist auf die Technische Kommunikation spezialisiert. Roland Schmeling ist zudem Mitglied im tekom-Beirat Recht und Normen und arbeitet international in der IEC an der Normenreihe 82079.
Diese EU-Rechtsvorschriften sind für die Technische Kommunikation relevant:
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Produktsicherheitsverordnung: Jedes Produkt braucht eine Anleitung
Die Produktsicherheitsverordnung löst ab dem 13. Dezember 2024 die bisherige Richtlinie zur Produktsicherheit ab. Neu ist, dass die interne Risikoanalyse für Hersteller vorgeschrieben wird. Verpflichtend ist auch die Erstellung von technischen Dokumenten. Für Verbraucher müssen „klare Anweisungen und Sicherheitsinformationen“ zum Produkt beigefügt werden. Eine Ausnahme gibt es: „Diese Anforderung gilt nicht, wenn das Produkt auch ohne solche Anweisungen und Sicherheitsinformationen sicher und wie vom Hersteller vorgesehen verwendet werden kann.“ Nur zusätzlich zur gedruckten Anleitung können Hersteller Informationen digital zur Verfügung stellen.
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Maschinenverordnung: Die Technische Dokumentation wird digital
Die neue Maschinenverordnung ist bereits verabschiedet, gilt mit dem im April diesen Jahres aktualisierten Guide zur Maschinenrichtlinie bereits in Teilen und vollständig ab dem 20. Januar 2027. Es handelt sich um die Revision der bisherigen Maschinenrichtlinie. Die Verordnung ermöglicht die digitale Bereitstellung von Betriebsanleitungen, wenn an der Maschine, der Verpackung oder Begleitdokumenten ersichtlich ist, wie ein Nutzer darauf zugreifen kann. Hersteller müssen ein gedrucktes Exemplar aber auf Nachfrage in Papierform bereitstellen. Bei nicht professionellen Nutzern muss der Hersteller die Sicherheitsinformationen wie bislang weitgehend in gedruckter Form liefern.
Weitere Informationen erhalten Sie im tekom-Whitepaper zur neuen Maschinenverordnung, an dem Roland Schmeling mitgewirkt hat.
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Ökodesign-Verordnung: Der digitale Produktpass kommt
Die neue Ökodesign-Verordnung fördert und fordert die umweltgerechte Gestaltung von Produkten, mit Ausnahme von Lebensmitteln und Arznei. Bei der Verordnung handelt es sich um ein übergeordnetes Regelwerk. Kriterien für einzelne Produktgruppen werden zusätzlich ausgearbeitet. Zwei wichtige Neuerungen, die auch die Technische Kommunikation betreffen, sehen die Ökodesign-Verordnung bzw. eine ergänzende Richtlinie vor:
- Die Einführung des digitalen Produktpasses: Dabei handelt es sich um einen digitalen Datensatz rund um ein Produkt, zum Beispiel zu verwendeten Materialien, Informationen zur Reparierbarkeit, Ersatzteilen und der richtigen Entsorgung. Der Zugriff auf den digitalen Produktpass bietet Verbrauchern, Marktüberwachungsbehörden und allen Akteuren in der Wertschöpfungskette mehr Transparenz als bislang.
- Das Recht auf Reparatur: Reparieren statt wegwerfen und neu kaufen – das ist das Ziel, das die EU-Kommission mit dem Recht auf Reparatur verbindet. Die Hersteller müssen Reparaturen erleichtern und werden in diesem Zug auch verpflichtet, die dazu notwendigen Informationen bereitzustellen. Eine zusätzliche Aufgabe, die Technische Redaktionen erwartet.
Beide Regelwerke sind zunächst für bestimmte Produkte anzuwenden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Regelungen nach und nach auf weitere Produkte ausgeweitet werden.
Aus der Ökodesign-Verordnung und der Richtlinie zum Recht auf Reparatur ergibt sich insgesamt ein erhöhter Bedarf an Technischen Informationen. Diese werden über mehrere Kanäle in jeweils spezifischen Formaten bereitgestellt. Zugleich müssen sie stets aktuell sein.
Das Single-Source-Prinzip, also eine gemeinsame Datenquelle im Unternehmen, wird aus diesem Grund wichtiger denn je. Zudem braucht es eine Zusammenarbeit jener Personen und Abteilungen, die mit Anleitungen, dem digitalen Produktpass, Etiketten, der Produktwebsite und der Verpackung befasst sind.
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„Green Claims“-Richtlinie: Kein Raum mehr für „Green Washing”
Diese Richtlinie, die sich aktuell auf dem EU-Gesetzgebungsweg befindet, sieht Regelungen zu umweltbezogenen Werbeaussagen vor. Diese müssen wissenschaftlich belegt sein. Auch negative Umweltfolgen sollen benannt werden. Auf diese Weise möchte die EU-Kommission „Green Washing“ verhindern.
Für Technische Redaktionen kann aufgrund der neuen Richtlinie mehr Rechercheaufwand entstehen, um etwa einen umweltgerechten Umgang mit einem Produkt zu beschreiben. Außerdem ist eine Qualitätssicherung über alle Informationskanäle hinweg notwendig, um fehlerhafte Werbeaussagen zu verhindern.
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AI Act: Technische Dokumentation für Produkte mit KI
Die Europäische Union hat im Mai 2024 den sogenannten AI Act, das weltweit erste Gesetz zur Regulierung von KI, verabschiedet. Die Verordnung muss nun in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Sie betrifft insbesondere Unternehmen, die Künstliche Intelligenz in Verkehr bringen, betreiben oder in ihren Produkten einsetzen. KI-Systeme werden im AI Act in vier Risikoklassen eingeteilt, für die unterschiedliche Pflichten und Anforderungen gelten, auch in Bezug auf die Technische Dokumentation. In vielen Fällen übersteigt der Informationsbedarf aber den aktuellen Umfang von üblichen Betriebsanleitungen. So müssen Nutzer beispielsweise transparent darüber informiert werden, wenn und wie Künstliche Intelligenz in einem Produkt eingesetzt wird. Auch über die Risiken dieser Verwendung müssen sie aufgeklärt werden. Das Positionspapier von tekom Europe zu diesem Thema informiert darüber im Detail.
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Cyber Resilience Act: Cybersicherheit als Teil der Technischen Dokumentation
Mit dem Cyber Resilience Act verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, die Cybersicherheit von Produkten, die mit dem Internet verbunden sind, zu erhöhen. Die Verordnung ist aktuell (Stand: Juni 2024) im europäischen Gesetzgebungsverfahren. Hersteller werden nach Inkrafttreten erhöhte Anforderungen erfüllen müssen, um die sichere Verwendung ihrer Produkte zu gewährleisten. Nutzern soll es ermöglicht werden, den Aspekt der Cybersicherheit bei der Auswahl und Verwendung von Produkten mit einer digitalen Komponente zu berücksichtigen. Der Cyber Resilience Act hat Auswirkungen auf die Risikobeurteilung, die künftig externe Einflüsse aus dem Netz auf die Produkte berücksichtigen muss. Der Technischen Dokumentation wird zusätzlich die Aufgabe zukommen, darüber zu informieren, wie die Cybersicherheit des Produkts gewährleistet wird, und die Risiken zu beschreiben.
Fazit: Neue Aufgaben kommen auf die Technische Redaktion zu
Sie werden es bereits herausgelesen haben: In Zukunft wird der Technischen Dokumentation ein erhöhter Stellenwert zukommen. Die Informationsaufgaben werden umfangreicher. Zugleich passen sich die Regularien als Reaktion auf Veränderungen in dieser Welt dynamisch an, wodurch es regelmäßig zu neuen Vorgaben kommt. Unternehmen müssen sich dieser Herausforderung stellen. Wie das konkret gelingt, erfahren Sie in einem zweiten Blogbeitrag.
Sie möchten tiefer in das Thema eintauchen? Dann schauen Sie sich die Webinar-Aufzeichnung mit dem Experten Roland Schmeling an!
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