Technische Doku per Sprachassistent
Gerhard Glatz und Lara Krägel sind Technische Redakteure bei Dokuschmiede, einem Dienstleister für Technische Kommunikation und Informationsdesign. In diesem Interview haben sie uns von ihren Erfahrungen berichtet und Tipps gegeben, worauf man achten soll, wenn Sprachassistenten als Ausgabeformat für Technische Dokumentation dienen sollen.
Quanos: Hallo ihr beiden und herzlichen Dank für dieses Interview. Ihr habt Dokumentationsinhalte auf einer Chatbot-Plattform umgesetzt. Ich frage jetzt mal ganz provokant: „Braucht man so etwas?“
Lara Krägel: Aber sicher doch. Vielen ist gar nicht klar, wie oft wir heute schon Chatbots verwenden. Die meisten denken da nur an einfache Frage-und-Antwort-Bots auf Websites.
Gerhard Glatz: Genau! Und vergessen dabei, dass Alexa, Siri und Konsorten ebenso Chatbots sind wie das Dialogsystem im Auto. Auch in vielen anderen Geräten und Kontexten sind Chatbots integriert. Wir unterscheiden Chatbots in Textbots, die per geschriebener Sprache mit dem Menschen kommunizieren, und Sprachassistenten, die sogar gesprochene Sprache verarbeiten und ausgeben können.
Quanos: O. K. Ich sehe schon, Chatbots sind verbreiteter als man im ersten Moment denkt. Aber wann lohnt sich denn ein Chatbot?
Gerhard Glatz: Vor allem ist Sprachassistenz ein hilfreiches Format, wenn man die Hände nicht frei hat. Zum Beispiel bei Wartungsarbeiten oder beim Bedienen von Hausgeräten, wie etwa in der Küche beim Kochen.
Lara Krägel: Aber ganz unabhängig davon ist ein Chatbot natürlich ein tolles Angebot für Leute, die einfach lieber mündlich kommunizieren als lange Texte zu lesen. Und er bietet eine nutzerfreundliche Alternative für Menschen mit Sehbehinderung oder Leseschwäche.
Quanos: Ihr beiden seid ja echt begeistert von Chatbots. Aber wie war das denn auf dem Weg zum Chatbot? Lief da auch alles so reibungslos?
Lara Krägel: Naja, einen Chatbot zu entwickeln, ist jetzt nicht gerade trivial. Trotzdem lief das eigentlich recht geschmeidig. Das hat vermutlich auch damit zu tun, dass wir in den Anfang eine Menge Konzeption und Planung gesteckt haben. Das hat sich dann im Projektverlauf ausgezahlt.
Gerhard Glatz: Stimmt. Die wichtigste Weiche haben wir gleich ganz am Anfang gestellt und das Projekt in zwei Prozesse aufgeteilt. Lara hat sich um den Content gekümmert. Das vergisst man nämlich gerne, dass die Aufbereitung für den Chatbot eine Menge Content-Arbeit bedeutet.
Lara Krägel: Allerdings war bei der Auswahl des technischen Systems und bei der Entwicklung auch eine Menge zu tun. Das hat Gerhard gemacht. Aber natürlich waren wir die ganze Zeit im engen Austausch miteinander. Komplett parallel aneinander vorbei arbeiten, das funktioniert da nicht.
Quanos: Was war denn alles bei der Content-Arbeit notwendig?
Lara Krägel: Angefangen haben wir mit einer Zielgruppenanalyse. Auch da hat sich bestätigt, dass sich Konzeptarbeit am Anfang lohnt. Danach haben wir uns an die Content-Aufbereitung gemacht. Da hat es uns sehr geholfen, dass die Doku-Daten schon in einem CCMS vorlagen. Denn nicht jeder Doku-Inhalt ist auch für Chatbots geeignet. Wenn die Daten in einem CCMS schon topic-orientiert vorliegen ist das leichter zu identifizieren. Außerdem hat uns im CCMS geholfen, dass viele Metadaten schon vergeben waren, die konnten wir dann auch für den Chatbot nutzen. Denn irgendwoher muss ein Content-Element ja wissen, für welche Anwenderfrage es gedacht ist. Zudem ist die Dialogstruktur ein wichtiger Aspekt. Es reicht ja nicht aus, wenn der Bot nur ein Textstück vorliest. Er muss bei Unklarheiten nachfragen, z. B. wenn es Voraussetzungen für eine Handlung gibt oder eine Handlungskette schrittweise durchgehen.
Quanos: Und wie war das auf der technischen Seite?
Gerhard Glatz: Bei uns war der erste Schritt die Bot-Auswahl. Da gibt es mittlerweile eine Menge Systeme unterschiedlicher Komplexität, angefangen bei einfachen FAQ-Systemen und Script-Bots bis hin zu echten virtuellen Agenten. Je komplexer die Lösungen, desto mehr Möglichkeiten hat man, aber desto aufwändiger ist dann auch die Programmierung und Content-Aufbereitung für den Bot. Letzten Endes haben wir uns für eine Lösung mit Google Dialogflow entschieden und haben eine Voice App für den Google Assistant entwickelt. Das hat den Vorteil, dass wir die ausgereifte Spracherkennungs- und Ausgabetechnologie von Google nutzen konnten.
Danach haben wir dann den Bot entwickelt. Dazu war dann schon der Content von Lara wichtig, weil man dann einen besseren Eindruck bekommt, wie die Dialogsituation aussieht und wie der Bot sich später verhalten soll. Um den Inhalt aus dem CCMS im Chatbot wiederverwenden zu können, haben wir eine Schnittstelle entwickelt, die den Content aufbereitet und ihn teilweise umformuliert. Hierzu war eine eigene Publikationstrecke notwendig. So werden die Dokumentationsinhalte, die im Bot als Antworten auf die Nutzerfragen dienen, direkt in die Bot-Plattform gespielt. Die Daten müssen somit nicht an mehreren Stellen gepflegt und verwaltet werden und der Single-Source-Aspekt ist nach wie vor gegeben. Als wir dann so einigermaßen zufrieden waren, haben wir das ganze System ausgiebig evaluiert und dabei auch noch die eine oder andere Schwachstelle entdeckt. Und zu guter Letzt musste dann der Bot noch veröffentlicht werden. Aber jetzt ist er da. Wer will, kann sich eine Demo unseres neuen virtuellen Kollegen gerne auf unserer Homepage ansehen.
Quanos: Das werde ich sicher tun. Ein wirklich spannendes Projekt, das ihr da umgesetzt habt. Zu guter Letzt würde mich noch eure Einschätzung interessieren: Was meint ihr, werden wir in Zukunft unsere Dokumentation nur noch von Bots erzählt bekommen?
Lara Krägel: Also nur noch von Bots… Das wäre sicher übertrieben. Es gibt ja, wie schon gesagt, einige Inhalte, die für Bots nicht so geeignet sind. Und manche Leute lesen ja auch lieber. Bots werden andere Ausgabeformate sicherlich nicht vollständig ablösen können, aber ich denke, sie werden in Zukunft auf jeden Fall eine wichtige Rolle in der Dokuwelt spielen, denn sie sind in vielen Kontexten ein hilfreiches, ergänzendes Format.
Gerhard Glatz: Ganz sicher. Denn es gibt jetzt schon eine große Reihe von Anwendungsfällen. Und die Nutzungsgewohnheiten der Menschen verändern sich. Immer mehr Leute kommunizieren lieber mündlich und dialogisch als lange Texte am Stück durchzulesen. Also auf jeden Fall: Bots sind stark im Kommen.
Quanos: Dann bleibt mir nur noch euch beiden ganz herzlichen Dank für dieses spannende Gespräch zu sagen. Bis bald.
Lara Krägel & Gerhard Glatz: Vielen Dank, dass wir hier sein durften. Bis bald.
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