Chatbots und Technische Redaktion - Themen im Dialog klären
Fast immer hilft es, wenn man miteinander spricht. Chatbots können auf Seiten eines Serviceanbieters eine gute Möglichkeit sein, Teamkapazitäten vor allem bei zeitfressenden Standardfragen zu entlasten. Auf Kunden- bzw. Fragestellerseite sind sie inzwischen akzeptiert und werden als schnelle Form der Informationsrecherche gutgeheißen. In diesem Beitrag wollen wir beleuchten, wie dieser virtuelle Kollege „Chatbot“ seine Informationen erhält und was die Technische Redaktion damit zu tun hat.
Chatbots - was passiert da eigentlich?
Im besten Fall funktioniert ein Dialog mit einem Chatbot genau wie ein Dialog mit einem menschlichen Gesprächspartner: Sie äußern sich, stellen beispielsweise eine Frage, und der Chatbot reagiert auf diese Äußerung, idealerweise mit der richtigen Antwort oder einer lösungsrelevanten Nachfrage.
Um das zu ermöglichen, müssen prinzipiell folgende Schritte durchlaufen werden:
- Sie äußern eine Frage.
- Chatbot nimmt Ihre Äußerung als Input.
- Chatbot ermittelt eine relevante, weiterführende Antwort.
- Chatbot gibt Output aus und wartet auf neuen Input.
Es liegt auf der Hand, dass dies nur eine sehr grobe Skizzierung des Ablaufs ist. Weiter vertiefen ließen sich etwa Fragen wie:
- Erfolgen Input und Output schriftlich oder mündlich?
- Wie genau wird der Input im Chatbot weiter analysiert?
Für Außenstehende ist die Sprachanalyse eine undurchschaubare „Black Box“, bei der man sich nur darauf verlassen kann, dass sie richtig funktioniert. Auch für uns soll das heute nicht das Hauptthema sein: Bei diesen rein technischen Aspekten haben automatische Sprachverarbeitung und Künstliche Intelligenz große Fortschritte gemacht (siehe Siri, Alexa usw.), so dass zufriedenstellende Lösungen gefunden werden können.
Eine sehr relevante Frage stellt sich jedoch zum Aspekt der situations- und zielgruppenadäquaten Beantwortung, die der Fragesteller erwartet: Wie ermittelt der Chatbot eine relevante, weiterführende Antwort? Woher nimmt er seine Informationen?
Wie kommt der Chatbot an den Content?
Im obigen Beispiel liegt folgende Situation vor: Ein Fragesteller benötigt Informationen zum Austausch eines Ventils. Er befindet sich also in einem Wartungsszenario. Unmittelbar betroffen davon sind das Ventil und die Pulverlackieranlage, wobei das Ventil Teil der Anlage ist. Sowohl Ventil als auch Anlage liegen in unterschiedlichen Formen oder Varianten vor, sodass das zu verwendende Ventil vom Typ der Anlage abhängt.
Bestimmte Informationen kann der Chatbot aus dem Input seines Gesprächspartners gewinnen. Wenn sie nicht ausreichend genau spezifiziert sind, müssen sie erfragt werden („Welches Ventil meinen Sie denn?“, „Welches Anlagenmodell haben Sie?“). Auch der Kontext erschließt sich häufig durch bestimmte Schlüsselworte (z.B. „austauschen“ als typisches Schlagwort für das Wartungsszenario).
Andere Informationen müssen bereits im Chatbot-System gespeichert sein, so etwa die Information,
- welche Anlagenmodelle es gibt,
- aus welchen (wartbaren) Teilen diese jeweils bestehen,
- dass das Schlauchquetschventil (Typ B mit der Nennweite DN 65) eines dieser Teile ist,
- dass es bei der Absaugeeinheit eingebaut ist,
- welche technischen Daten das Ventil aufweist und hier insbesondere
- welche Größe (Nennweite) es hat.
Wenn der Fragesteller das Angebot „Benötigen Sie Hilfe beim Austausch des Ventils“ nicht mit „Nein“ beantwortet hätte, dann hätten auch die entsprechenden Handlungsanweisungen für genau diese Wartungstätigkeit bei genau diesem Anlagenmodell gegeben werden müssen. Und spätestens hier bemerken Content-Affine den Zusammenhang zwischen diesen Daten und den Daten, die für die Technische Dokumentation vorgehalten werden: Zielgenaue Antworten kann ein Chatbot nur geben, wenn die benötigten Daten in modularer und klassifizierter Form vorliegen.
Klassifizierte Daten für qualifizierte Antworten
Dies betrifft schon das jeweils vorliegende Szenario: Ein Monteur, der im Rahmen einer konkreten Wartungstätigkeit nach einem bestimmten Ventil fragt, benötigt andere Antworten als ein Ingenieur, der sich im Rahmen der Produktentwicklung allgemein über dieses Bauteil informieren will. Ein Metadatum, das das entsprechende Informationsmodul klassifiziert und Angaben über dessen sinnvolle Einsatzszenarien (z.B. Installation, Wartung und Instandhaltung, Produktinformation) gibt, steuert dann die situationsspezifische Auswahl.
Wenn es um die Auswahl von Komponenten geht - im Beispielfall um das Ventil, aber auch um die entsprechende Anlage -, stellen sich häufig Fragen wie: Zu welcher Unterart einer genannten Kategorie gehört ein Produkt (z.B.: Welches Anlagenmodell aus unserer Produktpalette?, Welches Ventil von allen in der Anlage verbauten Ventilen?). Um ungenauen Input zu klären, helfen beispielsweise Taxonomien. Sie bilden Teil-Ganzes-Beziehungen oder Menge-Untermenge-Beziehungen ab und ermöglichen so immer detailliertere Rückfragen und damit zielgenauen Content-Output.
Aber auch abhängig vom Fragesteller können die Antworten unterschiedlich ausfallen, wenn etwa Administratoren andere, z.B. mehr und spezifischere Informationen erhalten als Standard-Anwender sollen. Derartige Benutzerrechte können ebenfalls mittels Metadaten festgelegt werden.
Während bestimmte Teilaufgaben des Chatbot-Dialogs maschinell erledigt werden können (z.B. die Analyse des sprachlichen Inputs), bleibt der Content aber nach wie vor der zentrale Aufgabenbereich der Technischen Redaktion. Sie erfasst, strukturiert und klassifiziert die Inhalte derart, dass die Antworten sinnvoll und tatsächlich so benutzer- und situationsspezifisch ausfallen, wie der Chatbot verspricht.
Für die Erstellung und Verwaltung solcher Informationseinheiten ist ein modernes, XML-basiertes Content-Management-System wie SCHEMA ST4 das Mittel der Wahl. Es bietet bereits alle Möglichkeiten und Funktionalitäten, die oben angesprochen wurden: modulare Erfassung von Informationseinheiten, die dann frei eingesetzt und kombiniert werden können; Kategorisierung von Content mittels Metadaten; Anlage und Einbindung von Taxonomien zur Abbildung von Zugehörigkeiten. Und ein eingebautes Übersetzungsmanagement rückt sogar mehrsprachige Chatbots in greifbare Reichweite.
Das redaktionell bekannte Prinzip der Content-Strukturierung, das bis jetzt „nur“ für die Technische Dokumentation eingesetzt war, kann so auch gewinnbringend für weitere Anwendungen genutzt werden!
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