Ralph Lingmann begleitete den Zusammenschluss dreier mittelständischer Softwareanbieter aus den Bereichen Technische Dokumentation und Ersatzteilkatalog zur Quanos Solutions GmbH von Beginn an mit. Inzwischen leitet er das strategische Marketing der Mutterfirma von Quanos Content Solutions und Quanos Service Solutions. Im Vorfeld der ersten gemeinsamen Kundentagung Quanos Connect vom 31. Mai bis 1. Juni 2022 spricht Lingmann über die Weiterentwicklung des Softwareangebots und den Trend zu Cloudsoftware.
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Herr Lingmann, nach dem Zusammenschluss war es für Quanos zentrale Aufgabe, die Softwarelösung der drei Ursprungsfirmen zusammenzuführen. Auf der Quanos Connect präsentieren Sie das Portfolio unter dem Motto „Quanos goes Cloud“. Ein neue Strategie bei Quanos?
Nein, denn wir sehen On-Premise, also lokal installierte Lösungen, und Software-as-a-Service, also die Software in der Cloud, als zwei unterschiedliche Ansätze an. Der Unterschied zwischen On-Premise und Cloudsoftware ist nicht eine Frage von Funktionen oder Abläufen, sondern eine Frage der Ziele und Herangehensweise des jeweiligen Kunden. On-Premise- und Cloudnutzer gehen unterschiedlich an die Sache heran. Mit einem Cloudangebot bieten wir hier eine weitere Wahlmöglichkeit.
Können Sie das genauer ausführen?
Man kann es mit dem Kauf eines Werkzeugs oder auch einer Maschine oder Anlage vergleichen: Wer eine spezialisierte oder hochindividuelle Aufgabe zu lösen hat, weiß genau, was er will und ist bereit, etwas mehr an Zeit, Energie und Geld zu investieren, um eine optimal angepasste Lösung zu bekommen. Das spricht für die individuell zugeschnittene On-Premise-Lösung, bei der die Prozesse und Abläufe genau an die Anforderungen und Wünsche des Kunden angepasst werden.
Wer sich hingegen eher einer standardisierten Aufgabenstellung gegenüber sieht, möchte aus vorhandenen Lösungskomponenten auswählen. Er verlässt sich auf Funktion und Reife einzelner Maschinen und Werkzeuge und passt unter Umständen auch mal seine Prozesse und Abläufe an. Das entspricht der Cloudlösung, Funktionalitäten können zusammengestellt und in gewissen Grenzen konfiguriert, aber eben nicht grenzenlos anpasst werden. Dafür findet man bei Cloudlösungen Prozesse, die sich schon bei anderen Firmen bewährt haben – sozusagen eine Best-Practice-Lösung, an die man dann eben die eigenen Prozesse etwas anpassen muss.
Das ist ein einleuchtender Vergleich – das bedeutet aber, dass der Interessent sich üblicherweise schon für Cloud oder On-Premise entschieden hat, bevor es in die Argumentation geht?
Wenn jemand zu uns kommt, hat er schon eine grundsätzliche Präferenz und eine bestehende IT-Umgebung, in die unsere Lösung passen muss. Es gibt dann aber noch weitere Argumente abzuwägen – beispielsweise kann ein hoher Bedarf an Zugriffen von außerhalb für eine Cloudlösung sprechen, Datenschutzbestimmungen von Kunden des Interessenten wiederum für eine On-Premise-Lösung.
Für uns sind beide Lösungen gleichwertig zu sehen – wir richten uns nach den Anforderungen der Kunden. Dabei sehen wir jedoch schon eine steigende Nachfrage nach Cloudlösungen, vor allem bei Neukunden. Wer ein ausgeklügeltes und in langen Jahren optimiertes Service-Informationssystem nutzt, wird nicht einfach so auf eine Cloudlösung springen. Wer damit dagegen noch im Aufbau ist oder eine neue Lösung einführt, hat weniger eingefahrene Prozesse, die er abbilden möchte und kann die Vorteile der Cloud für sich nutzen.
Das bedeutet, dass Sie beide Architekturen weiterhin anbieten?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben eine breitgefächerte Kundenbasis und unterstützen die unterschiedlichen Anforderungen unserer Kunden. Aber der Markt verlangt eben auch eine Cloudlösung und die stellen wir nun bereit. Wobei wir schon bisher Lösungen für die Nutzung der Cloud hatten, beispielsweise ist im Bereich der technischen Redaktion Schema ST4 auf Azure verfügbar und wir arbeiten an einem Webclient, der Zugriff auf eine lokal installierte Schema ST4-Installation ermöglicht. Im Servicebereich haben wir unsere Angebote in dem neuen System Quanos SIS.one für die vor-Ort-Nutzung zusammengeführt. Auf der Quanos Connect stellen wir nun mit Quanos InfoTwin die entsprechende Cloudlösung vor. In diese ist natürlich die Erfahrung aus Jahrzenten der Nutzung von Servicemanagementlösungen eingeflossen.
Übrigens sind auch die Einsatzszenarien von Technischer Dokumentation und Service-Iinformationssystemen etwas unterschiedlich, obwohl das eine natürlich die Daten des anderen nutzt: Eine technische Dokumentation erstellt man üblicherweise eher im Unternehmen, wo auch das Produkt entsteht, während die Servicetechniker bei den Anwendern der Produkte vor Ort sind und auf das System zugreifen wollen. So sind Schema ST4 und Quanos SIS.one eher On-Premise-Anwendungen, während Quanos InfoTwin die Anforderungen mobiler Servicetechniker unterstützt. Aber auch das ist je nach Unternehmen unterschiedlich und so bieten wir eben in beiden Bereichen beide Architekturen an.
Zusammengefasst: Der Kunde entscheidet frei, wie er seine Anforderungen am besten umsetzen kann, und wir unterstützen ihn dabei. Wir bedienen On-Premise-Wünsche gleichermaßen gerne wie Cloudanwendungen.
Herr Lingmann, wir danken für das Gespräch.